Erfahrungsbericht: Ju-Jutsu mit Sehbehinderten und Blinden
Vom 10. bis 13. Oktober 2024 fand im Sport- und Tageszentrum Hachen ein besonderes Event statt: Ju-Jutsu für sehbehinderte und blinde Teilnehmer. Insgesamt 25 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus ganz Deutschland hatten sich auf den Weg gemacht, um an diesem einzigartigen Erlebnis teilzunehmen.
Am Ankunftstag trafen die letzten Teilnehmer gegen 15 Uhr in Hachen ein. Nach einer kurzen Vorstellungsrunde, in der sich alle gegenseitig kennenlernen konnten, ging es zur Zimmerverteilung. Jeder hatte die Gelegenheit, seine Sachen kurz zu verstauen, bevor wir uns zur ersten Trainingseinheit in der Sporthalle versammelten.
Ohne viel Aufhebens starteten wir mit einem Aufwärmtraining, das von Carsten geleitet wurde. Er sorgte dafür, dass alle in der Halle schnell auf Betriebstemperatur kamen. Anschließend begannen wir mit den ersten Ju-Jutsu-Techniken, wobei Carsten und Fatma die ersten Einheiten übernahmen. Jörg und Thomas, besser bekannt als „Flens“, unterstützten die Teilnehmer individuell und halfen dabei, die Techniken korrekt auszuführen.
In der zweiten Einheit übernahm Fatma das Zepter und brachte eine besondere Energie ins Training. „Jetzt dürft ihr schreien!“, war ihre Devise, und tatsächlich hatten alle sichtlich Spaß daran, ihre Stimme zu erheben und sich auszudrücken. Es war beeindruckend zu sehen, wie viel Freude und Enthusiasmus in der Gruppe herrschte.
Nach den ersten beiden Einheiten gingen wir gemeinsam zum Abendessen. Die Atmosphäre war entspannt und freundlich; alle waren hungrig nach dem intensiven Training. Doch nach dem Essen ging es direkt weiter – zurück in die Halle für die nächste Trainingseinheit. Gegen 20 Uhr war der erste Tag aus sportlicher Sicht geschafft.
Nachdem sich alle frisch gemacht hatten, trafen wir uns abends in der „Tenne“ zu einem gemeinsamen Kaltgetränk. Hier bot sich die Gelegenheit, sich besser kennenzulernen und Erfahrungen auszutauschen. Es war schön zu sehen, wie schnell neue Freundschaften entstanden und wie offen alle miteinander umgingen.
Insgesamt war der erste Tag ein voller Erfolg – sowohl sportlich als auch sozial. Die Kombination aus körperlicher Aktivität und dem Austausch untereinander schuf eine positive Atmosphäre
Der Freitagmorgen begann für einige unerschrockene Teilnehmer bereits um 6:45 Uhr. Eine Gruppe traf sich mit Carsten, um gemeinsam ins Schwimmbad zu gehen, während andere sich mit Flens, der anscheinend im Fitnessstudio wohnt, zum Frühsport versammelten. Ob Schwimmen, Cardio oder Krafttraining – die ersten Kalorien wurden noch vor dem Frühstück verbrannt.
Nach diesen intensiven Aktivitäten stärkten wir uns beim Frühstück für die kommenden Herausforderungen des Tages. Anschließend begaben wir uns ins Dojo, wo viele Teilnehmer in ihren neuen Gis erschienen, die sie extra für dieses Event besorgt hatten. Langsam tasteten wir uns an die ersten Techniken heran, beginnend mit Beinstellen und Bodentechniken. Es war beeindruckend zu sehen, wie alle Teilnehmer motiviert und engagiert bei der Sache waren.
Am Ende der Trainingseinheit führten wir die ersten kleinen Bodenrandoris durch. Einige Teilnehmer waren so begeistert von dieser Form des Trainings, dass sie sofort Interesse zeigten, auch am Abend nach dem Essen noch eine weitere Einheit im Bodenkampf anzubieten. Der gesamte Tag verging wie im Flug; abends waren alle erschöpft, aber zufrieden und glücklich über das Erlernte.
Nach der letzten Einheit trafen wir uns wieder in der „Tenne“ zu einer gemütlichen Runde und einem weiteren Erfahrungsaustausch. Auch Jörg und ich konnten hier viel lernen. Für mich war es zuvor oft nur eine binäre Sichtweise: blind oder nicht blind. Doch während des Lehrgangs wurde mir klar, dass es viele verschiedene Stufen dazwischen gibt.
Eine kleine Geschichte am Rande verdeutlicht dies: Eine blinde Teilnehmerin lief mit ihrem Blindenstock und ihrem Hund an mir vorbei, setzte sich neben mich und zückte ihr Handy, um Nachrichten über WhatsApp zu schreiben. Ich war zunächst überrascht und schaute sie verwundert an. Später wurde ich darüber aufgeklärt, dass es mehr als nur die Kategorien „blind“ oder „nicht blind“ gibt – es gibt verschiedene Arten von Sehbehinderungen: Manche Menschen haben nur eingeschränkte Sicht oder können bestimmte Farben nicht wahrnehmen, während andere vollständig blind sind. Auch die Hilfsmittel und Techniken, die Menschen nutzen, um ihre Umwelt wahrzunehmen und zu navigieren, sind sehr unterschiedlich.
Diese Erkenntnis hat meine Perspektive erweitert und mir gezeigt, wie wichtig es ist, Vorurteile abzubauen und ein besseres Verständnis für die Herausforderungen und Möglichkeiten von Menschen mit Behinderungen zu entwickeln. Jeder Mensch hat seine eigene Geschichte und seine eigenen Fähigkeiten – das macht unsere Gesellschaft vielfältig und spannend!
Es war wirklich ein bereicherndes und aufregendes Wochenende! Es ist beeindruckend, wie viel ihr in so kurzer Zeit gelernt und erlebt habt.
Das Bogenschießen als Highlight ist besonders spannend – es war faszinierend dass die nicht sehenden Teilnehmer ein besseres Ergebnis erzielt haben. Das spricht für ihre Fähigkeiten und das Vertrauen in ihre anderen Sinne. Solche Erfahrungen können das Selbstbewusstsein stärken und zeigen, dass man auch mit Einschränkungen erfolgreich sein kann.
Die Entwicklung einer Kata mit den gelernten Techniken ist eine großartige Idee gewesen, um das Wissen zu festigen und den Lernprozess zu unterstützen. Es ist wichtig, dass jeder die Möglichkeit hat, die Kata selbstständig zu üben – das fördert nicht nur das Verständnis der Bewegungen, sondern auch das Gefühl von Selbstständigkeit.
Die Abschlussfeier war der perfekten Weg, um die Erlebnisse des Wochenendes zu feiern und die neu gewonnenen Freundschaften zu vertiefen. Es ist schön zu hören, dass alle Teilnehmer mit positiven Erinnerungen und dem Wunsch nach Wiedersehen nach Hause gegangen sind. Solche Veranstaltungen fördern nicht nur das Lernen, sondern auch den Austausch von Erfahrungen und Perspektiven – etwas, das in der Gemeinschaft von Menschen mit Behinderungen besonders wertvoll ist.
Ich bin mir sicher, dass diese Erinnerungen noch lange nachwirken werden und dass viele Teilnehmer motiviert sind, weiterhin aktiv zu bleiben und sich weiterzuentwickeln.
Bis bald euer „Flens“ Wir sehen uns…